Alter: 44   Kinder: Lilia (4), Leo (11), Katze Isebill (16)

 

Nach der Matura hat Barbara ein Jahr in einer Familie gearbeitet. Da hat sie gesehen, was es heisst, Mutter zu sein, und hat grossen Respekt vor dieser Aufgabe bekommen. Nach jahrelanger Tätigkeit als Kindergärtnerin, stellvertretende Krippenleiterin und Sekretärin in einem Sonnenenergiebüro wagte sie sich an die ganz grosse Herausforderung und gründete zusammen mit ihrem Mann Andreas eine Familie. „Es ist anspruchsvoller als alles, was ich vorher gemacht habe. Gleichzeitig empfinde ich meinen Beruf als Mutter und Hausfrau als sehr sinnvoll, befriedigend, vielfältig, kreativ, tiefgründig“, fasst sie zusammen. Hier kann sie sowohl emotionale, organisatorische und intellektuelle Kompetenz einbringen, als auch ihr Fachwissen auf verschiedenen Gebieten. Der Schatz an Erfahrungen und Erkenntnissen, den sie dabei sammelt, ist sehr wertvoll und wichtig für alles, was sie in ihrem Leben noch machen möchte.

Kinder werden zu Hause nicht nur betreut. Als Mutter gilt es, den Kindern Liebe und Geborgen­heit zu geben. Sie sollen zu lebensfrohen, selbstbewussten, verantwortungsvollen Menschen heran­wachsen. Eine Mutter muss vor allem Da-Sein: sie muss Stimmungen erspüren, Gefühle wahrnehmen und aushalten, diese wenn nötig aufgreifen und darüber reden, zeigen, wie man damit umgehen kann; sie muss Stärken erkennen und die Kinder in ihrer Entfaltung unterstützen; sie muss soziale Kompetenzen fördern und vorleben, wie man Konflikte löst, wie man etwas durchsteht, wie man Probleme angeht. Das alles braucht Zeit, qualitative und quantitative Präsenz. Das lässt sich nicht in einen Stundenplan zwängen: «Konfliktlösen – Freitag 17.00-18.00 Uhr».

Sehr wichtig ist Barbara der Kontakt zur Natur. Die Kinder sollen wissen, woher sie kommen, dass sie Teil eines grossen Ganzen sind, das es zu schützen und bewahren gilt. Vor dem alten, gemütlich verwinkelten Haus liegt ein grosser, wilder Garten. Hier sähen sie gemeinsam, pflanzen, pflegen, ernten und beobachten den Lauf der Jahreszeiten. Auch im Winter sind sie täglich im Freien.

An einem Morgen pro Woche gibt Barbara im Kindergarten Mundartunterricht. Dies gibt einen kleinen finanziellen Zustupf und die Sicherheit, mit einem Fuss noch im Erwerbsleben zu stehen. Während dieser Zeit ist ihr Mann zu Hause. Er konnte es sich im Geschäft so einrichten, dass er an diesem Tag am Nachmittag und am Abend arbeitet und so trotzdem auf seine Stunden kommt. Mit diesem Zusatzeinkommen ist das Geld zwar knapp, aber es reicht. Die Anwesenheit zu Hause ist ihr wichtiger als grosse finanzielle Sprünge.

 

Familienatmosphäre

Nach dem Nachtessen sitzen wir zusammen, Büsi Jlsebill zwischen uns, und reden über den Tag, erzählen eine Geschichte oder spielen ein Spiel, das allen gefällt, zum Beispiel «Halli-hallo» oder Pantomimen-Raten. Diese Familienstunde liebe ich ebenso wie die Vertrauens-Gespräche, die möglich werden, wenn ich kurz vor dem Einschlafen noch an die Betten meiner Kinder sitze.

Highlight

Highlights im Familienalltag sind unsere Feste (Geburtstage, Jahreszeitenfeste, etc.): Hier werden die Beziehungen gepflegt, die Kinder erleben, dass sie eingebettet sind in die Natur und in ein soziales Netz, das sie trägt. Feste sind für mich wie das Komponieren eines Kunstwerkes: Bei der Dekoration unserer Wohnung, der Auswahl und Zubereitung des Fest-Buffets, dem Erfinden und Vorbereiten von Spielen. Hier kann ich meine Kreativität voll ausleben.

Persönliche Highlights erlebe ich, wenn ich spüre, wie viel Liebe und Verbundenheit in der Familie möglich ist. Oder wenn ich sehe, dass meine Erziehung fruchtet, wenn meine Kinder zum Beispiel ohne mich eine Problem-Sitzung machen und dabei auf Super-Lösungen kommen.

Damit kann man mich jagen

Mit Bemerkungen wie: «Was, du hast die Matura gemacht – und bist NUR Mutter?» oder «Okay, du bist Hausfrau und Mutter – aber was ARBEITEST du?»

das interessiert mich

Alles, was mit meinem Beruf als Mutter und Hausfrau zusammenhängt:

- Stillen (ich war eine Zeit lang Stillberaterin der LLL)
- Impfen (wie entscheiden im Pro- und Contra-Glaubenskrieg?)
- Erziehung, Psychologie (wie kann ich die Kinder in ihrer gesunden Entwicklung unterstützen?)
- Ernährung (wie mache ich meinen Kindern gesunde Ernährung schmackhaft?)
- Pflegen (wann immer möglich Homöopathie und Naturheilmittel statt Chemie)
- Gärtnern (biologisch)

In all diesen (und noch vielen andern) Fachgebieten muss ich mir als Mutter ein grosses Fachwissen aneignen, um im Alltag richtig handeln und mich allenfalls gegen so genannte Experten durch­setzen zu können.

So organisiere ich mich

Die Kinder sollen eine hohe Sozialkompetenz und gute Fähigkeiten in Konfliktmanagement erreichen. Sie sollen lernen, Probleme auf den Tisch zu bringen und faire Lösungen zu erarbeiten. Wenn es Probleme gibt, so setzen wir uns für eine Familienkonferenz zusammen und erarbeiten Lösungen, bei denen es keinen Verlierer geben soll. Das heisst, wir suchen so lange, bis wir eine Lösung gefunden haben, die für alle stimmt.

Typisch Hausfrau!

Allzu häufig passiert es mir, dass ich die kurze Zeit, wenn meine Kinder in Schule und Spielgruppe sind, für das Erledigen von Liegengebliebenem in Büro, Haushalt und Garten nutze, anstatt bewusst etwas nur für mich zu tun.

Das gönne ich mir

Wenn es meine Stimmung erfordert und der Familienterminplan es zulässt, liebe ich es, mich mit andern Müttern auszutauschen, zum Beispiel am Telefon. Am wichtigsten sind mir die regelmässigen Gespräche mit einer Freundin, einer klugen, belesenen Frau und sehr erfahrenen Mutter. Im Gespräch mit ihr kann ich alles ins richtige Licht rücken und echt auftanken!

Zeigt das Fernsehen einen guten Film, so nehme ich ihn auf Video auf. Sind die Kinder abends im Bett und bleibt ein bisschen freie Zeit, so sehe ich mir zusammen mit meinem Mann diesen Film an. Das ist wie Kino, nur viel billiger, weil wir Eintritt und Babysitter sparen.

Diese Fragen bewegen mich

Warum wird die Arbeit von uns Müttern so gering geschätzt in unserer heutigen Gesellschaft?

Das war nämlich nicht immer so. Vor mehr als 5000 Jahren lebten die Menschen in Matriarchaten, das heisst friedlichen, naturverbundenen Gesellschaften, welche die weiblichen Lebenszusammenhänge wie zum Beispiel die Geburt und das Aufziehen von Kindern in den Mittelpunkt stellten und keinen Krieg kannten.

Was Wissenschaftlerinnen der Matriarchatsforschung herausfinden, interessiert mich mächtig! Wie könnte man deren Erkenntnisse in unseren Alltag integrieren, die Quintessenz der Matriarchate in der heutigen Zeit wieder aufleben lassen und damit unsere Gesellschaft in eine weniger destruktive und selbstzerstörerische Richtung lenken?

Das treibt mich

Diese meine Hintergrundsarbeit als Frau und Mutter ist mir ganz wichtig: Ich reflektiere meine Arbeit in der Familie und meine Stellung in der Gesellschaft ständig. In der heutigen Gesellschaft ist es allzu üblich, dass die Arbeit der Mütter unsichtbar gemacht oder sogar verachtet wird. Hier gegen­zu­steuern und meinen Kindern andere Denkmodelle und ein alternatives Frauen- und Mutterbild zu vermitteln, das fordert mich heraus. Das wertvollste Gut, das eine Gesellschaft hat und auch dringend zum Überleben braucht, nämlich die Kinder, sollen wieder mehr in den Mittelpunkt des Interesses rücken, den Müttern muss ihre wichtige Stellung zurückgegeben werden. Wenn ich in meinem Umfeld und meinen Kontakten Anstösse in diese Richtung geben kann, so bedeutet das für mich Alltags-Friedensarbeit, und das macht mich glücklich!

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Portrait April 2005