Alter: 47    Kinder: Claudio (20), Patricia (18)

 

Monica ist perfekt organisiert, so viel ist klar: Unser Treffen hat sie nicht abgesagt, obwohl sich gestern Abend kurzfristig Bekannte angemeldet haben für Nachtessen und Übernachtung. Als die Besucherin ankommt, ist alles bereits für das grosse Essen vorbereitet und für uns steht ein selbst gemachter Birnenweggen auf dem Tisch bereit. Wäre bei anderen Hektik ausgebrochen, lässt sich Monica offenbar nicht aus der Ruhe bringen.

Zeit haben für die Dinge, das ist Monica sehr wichtig. Für sie war von Anfang an klar: wenn die Kinder kommen, dann werde ich nicht mehr ausserhalb arbeiten. Ihr Mann arbeitet mehr als 100 Prozent. Er ist viel unterwegs und der Druck in seiner Branche ist gross: Keiner hat mehr Zeit zu warten, alles sollte gestern schon fertig sein. Da ist Monica zu Hause der ruhende Pol. Wenn sie auch noch Stress hätte, dann ginge das nicht gut und würde auch ihrer Beziehung schaden.

Dass es Stress geben würde, wenn sie neben den Kindern auch erwerbstätig wäre, das war ihr bereits klar, als sie schwanger war. Schon ohne Kinder war die Zeit knapp und es war und ist ihr wichtig, für ihre Kinder da zu sein. Dann sind da noch die 93-jährige Grossmutter und ihre eigene Mutter, die beide alleine wohnen. Beide besucht sie regelmässig. Die Grossmutter, die für ihr Alter noch ausserordentlich fit ist, bringt Monica zweimal im Jahr ins Tessin. All diese Dinge brauchen Zeit. Monica hat nichts übrig für Pflichtbesuche, bei denen man schnell hingeht, nur damit man da war, etwas schwatzt und dann gleich wieder weiter muss. Das findet sie oberflächlich. Es ist ihr wichtig, für die Pflege der Beziehungen Zeit zu haben.

Dass ihr der Wiedereinstieg einmal Probleme bereiten könnte macht Monica keine Sorgen. Ihr ehemaliger Arbeitgeber, eine Bank, hat auch schon nachgefragt, ob sie wieder kommen möchte. Wenn, dann würde sie aber eher auf ehrenamtlicher Basis etwas machen, vielleicht für das Behindertentaxi fahren. Aber sie weiss auch: «Ich war von Anfang an auf der Sonnenseite und bin nicht auf ein Zusatzeinkommen angewiesen. Nicht allen geht es so gut.»

 

 

Familienatmosphäre

…dreht sich bei uns vorwiegend ums Essen. Ich geniesse es, zusammen mit meinem Mann, nach den Originalrezepten meines italienischstämmigen Schwiegervaters zum Beispiel Lasagne, Piadine oder Capellettis zuzubereiten. Oder, wenn mein Mann grilliert oder flambiert und ich dann für die Zutaten verantwortlich bin. Spätestens beim Verzehr gesellen sich dann auch die Kinder dazu. Ich bin froh, dass wir uns am Tisch regelmässig sehen und dann Zeit haben, uns über Gott und die Welt zu unterhalten. Diese teilweise kurzen aber intensiven Zeiten im engsten Familienkreis möchte ich nicht missen.

Highlights

Das waren die zwei grossen Reisen, die wir mit unseren Kindern unternommen haben, als sie schon etwas älter waren. Die erste Reise ging für dreieinhalb Wochen in die USA. Wir besuchten eindrückliche Naturparks, sahen Salt Lake City, Las Vegas, Los Angeles und New York. Sechs Wochen vor dem Attentat waren wir auf den Türmen des World Trade Centers. Die Ereignisse des 11. Septembers beeindruckten danach nicht nur unsere Kinder sondern auch uns Erwachsene enorm.

Die zweite Reise führte uns auf einem Kreuzfahrtschiff via Barcelona nach Marokko und zu den Kanarischen Inseln.

Damit kann man mich jagen

Mich ärgert Unpünktlichkeit und ebenfalls, wenn alles erst im letzten Moment erledigt wird. Es kostet mich vor allem mit den Kindern manchmal ganz schön Nerven, wenn ich sie die Erfahrung selber machen lassen muss, dass man nicht alles bis zum letzten Moment hinausschieben kann.

Auch wenn ich verabredet bin und jemand ständig zu spät erscheint, nervt mich das. Es ist mir passiert, dass mir eine Kollegin auf meine Zurechtweisung antwortete: «Du hast ja genug Zeit». Da wurde ich etwas lauter als üblich…..!

So tanke ich auf

Monatlich treffe ich mich mit drei Frauen zum Jassen. Das machen wir seit mehr als 20 Jahren. Die Frauen kenne ich von meiner Skilehrerzeit auf dem Stoos. Wir sind eine richtige kleine Schicksalsgemeinschaft: Während den Jahren ist eine meiner Mitspielerinnen durch eine schwere Krankheit gestorben, eine andere Jasserin kam durch einen tragischen Velounfall in den Rollstuhl und die dritte Spielgefährtin hat im Lotto das grosse Geld gewonnen!

Alle zwei Jahre fahre ich mit einer Kollegin für drei Tage in eine europäische Stadt.

Und last but not least geniesse ich die Abende und die Zeit, die ich mit meinem Mann verbringen kann.

Typisch Hausfrau!

Als «Nur-Hausfrau» hat man immer ein wenig das Gefühl, man muss sich rechtfertigen dafür, dass man «sonst nichts macht». Man beginnt zu überlegen «was mache ich überhaupt den ganzen Tag?» obwohl man mehr als genug zu tun hat.

Einmal, als ich wieder mit meiner Kollegin auf Reisen war, sassen wir im Zug auf der Rückfahrt von Venedig. In unserem Abteil sass eine dieser Selfmade-Managerinnen, wie sie im Buche stehen. Sie erzählte uns von ihrer eigenen Firma, wie sie Manager coacht und Kurse für Kaderleute abhält. Dann kam natürlich die Gegenfrage: «Und was machen sie so?». Meine Kollegin, die mit ihrem Mann zusammen ein Geschäft führt, erzählte, wie sie ihren Laden managt. Ich antwortete «Ich bin Hausfrau». Dann kam das Schulterklopfen: «Ja, ja, ich weiss schon, sie machen auch viel. Zu Hause gibt es viel zu tun.» antwortete die Managerin.

Das hat genagt. Einige Nächte später kam mir die Idee, mir eine Visitenkarte als «Ho-Chi-Ga-Managerin» (House-Children-Garden-Managerin) zuzulegen. Ich entwarf die Karte am Computer und gebe sie seither ab und zu weiter, wenn es die Situation erfordert.

So organisiere ich mich

Ich habe eine «Zetteli-Taktik». Ich mache mir am Vorabend gerne eine Liste mit all den kleinen Dingen, die am nächsten Tag anfallen. Es macht Spass, wenn ich einen Punkt nach dem anderen durchstreichen kann. So geht nichts vergessen oder wird allenfalls auf das „Zetteli" vom kommenden Tag übertragen.

Montag und Dienstag sind bei mir die Putztage, die WCs kommen vor dem Wochenende an die Reihe und zwischendurch halt alles, was so anfällt. Meine Frühlingsputzete dauert von Frühling bis Herbst. Auch da gibt’s einen Zettel, damit ich immer weiss, wann was gemacht wurde.

Das Putzen gehört aber eigentlich nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, viele andere Dinge mache ich lieber.

Das treibt mich

Kinder sind das Nachhaltigste, das man «produziert». Mir ist daher bewusst, dass die Erziehung etwas enorm Wichtiges ist: die Atmosphäre zu Hause, Zeit haben für einander, das Pflegen von Traditionen wie Weihnachten und Ostern, usw. Ich hatte schon das Glück, dass sich meine Mutter sehr um uns fünf Kinder gekümmert hat. Sie hat uns viel Freiheiten gelassen, uns aber auch viel mit auf den Weg gegeben. Sie ist mein Vorbild und ich möchte einfach diese, meine Arbeit möglichst gut machen.

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Portrait Dezember 2005