Thomas (48)    Kinder: Mattias (18) und Birgit (15)

 

 

Thomas ist seit 27 Jahren verheiratet und teilte von Beginn weg die Haus- und Erziehungsarbeit mit seiner Frau. So arbeitete er schon von Beginn der Erwerbstätigkeit weg Teilzeit. Das war damals jedoch noch gar nicht so einfach. Als er sich vor 20 Jahren für eine 50%-Stelle als Berufsberater bewarb, wollte der Chef keine «Teilzeiter» einstellen. Nur weil sich die anderen Mitarbeitenden, die ihn von einem früheren Praktikum her kannten, für ihn einsetzten, wurde er dann doch eingestellt. Allerdings mit grossen Bedenken. Thomas : «Ich war der zweite Berufsberater im Kanton, der Teilzeit arbeitete. Angeblich hatten sie mit dem ersten schlechte Erfahrungen gemacht.» Bereits 10 Jahre später gab es im Kanton Basel-Land nur noch wenige Berufsberater, die Vollzeit arbeiteten, der Teilzeit-Berufsberater war zur Regel geworden.

So schnell hat sich die Zeit geändert. Doch nicht zu unterschätzen ist die Zeit, die die Veränderung im Kopf braucht. Niemand weiss dies besser, als Thomas : «Auch nach über 20 Jahren partnerschaftlicher Arbeitsteilung bemerke ich immer wieder, wie auch wir trotz allem in traditionellen Rollenmustern feststecken, die tief in uns verankert sind. So musste ich beispielsweise während der Pubertät unseres Sohnes feststellen, dass ich vorher zwar die Kinder betreut, die Erziehungsverantwortung aber zu sehr meiner Frau überlassen habe. Weil ich mich ihren Ansichten meist anpasste, war ich ihr da kein echter Partner. Unser Sohn hat mich dann ‚gezwungen’, selber Stellung zu beziehen.

Einmal hatte ich ein neues, rotes Shirt der Tochter in der normalen Wäsche gewaschen, worauf die ganze Wäsche rot verfärbt war. Partnerin und Tochter wollten mir daraufhin gleich das Waschen ihrer Wäsche ganz entziehen – obwohl ich das jahrelang ebenso wie sie gemacht habe. Ich konnte mich erfolgreich wehren, weil ihnen dasselbe schon mehrmals passiert war. Aber überrascht war ich schon, wie rasch meine Wäsche-Praxis nichts mehr gelten sollte.»

Ähnliches stellt er auch bei anderen Paaren fest, die er als Berater der Fachstelle UND begleitet: «Auch wenn die Erwerbsarbeit 50 zu 50 aufgeteilt wird, so übernimmt die Frau in der Praxis zu Hause doch meist den Hauptteil. Der Mann macht zwar mit, bleibt aber innerlich mehr im Beruf engagiert, sein häusliches Engagement ist nicht gleichwertig. Das ändert sich oft erst nach Schicksalsschlägen, wenn die Frau einfach nicht mehr kann.»

Auch Thomas musste sein Pensum als Berufsberater nach der Geburt des zweiten Kindes auf 70% erhöhen. Aus finanziellen Gründen. Seine Frau blieb 30% erwerbstätig und übernahm dann auch wieder den Grossteil der Arbeit zu Hause. Ganz unglücklich war er darüber nicht: «Mit einem 50%-Pensum fallen eben all die spannenden Dinge im Job weg, wie Planung und Entwicklung, die Mitarbeit in Arbeitsgruppen, etc.» Für seine Frau war diese Lösung allerdings keine ideale. Als die Kinder etwas grösser waren, konnte auch sie ihr berufliches Pensum wieder erhöhen und beide hatten eine für sie befriedigende Lösung.

 

Familienatmosphäre

Familienatmosphäre kommt bei uns am Esstisch und dann am Sonntag so richtig auf. Wir gehen oft wandern, in den Wald, bräteln. Es ist schön, zusammen unterwegs zu sein, sich zwischendurch zu unterhalten. Auch wenn wir zu Hause bleiben, dann macht zwar jeder für sich, was ihm gerade Spass macht, aber man ist doch zusammen und weiss, die anderen sind auch da.

Highlights

Jede Woche putze ich zwei Stunden lang die Böden im Haus. Am schönsten ist’s, wenn ich mit dem Kopf voll dabei sein kann. So begrüsse ich (fast) jeden Winkel meines Zuhauses. Danach ist nicht nur das Haus wieder sauber und aufgeräumt, sondern auch der Kopf.

Damit kann man mich jagen

Wenn man mir zeigt, was alles noch nicht gemacht ist und nicht sieht, was ich während Stunden alles geleistet habe. Das Erledigte ist einfach nicht so auffällig wie das Unerledigte.

So organisiere ich mich

Ich habe mein Büro zu Hause. das ist zwar praktisch, kann aber auch zur Belastung werden, weil die Erwerbs- und die Familienarbeit nicht mehr klar getrennt sind. Ich habe daher klare Bürozeiten definiert und «Büro-freie» Zeiten, in denen ich keine Telefone abnehme.

Typisch Hausmann!

Ich reagiere sehr empfindlich, wenn etwas kaputt geht, zum Beispiel wenn ein Kind ein Messer fallen lässt und es im Boden eine Kerbe gibt.

So tanke ich auf

Auftanken kann ich zu Hause von meiner Arbeit für die Fachstelle UND und umgekehrt. Der Abwasch ist zum Beispiel eine Tätigkeit, bei der ich wunderbar abschalten kann. Ich liebe aber auch alle Arbeiten im und um’s Haus, die handwerklicher und gestalterischer Natur sind, beispielsweise schreinere ich viele Möbel selber.

Das treibt mich

In der Paarberatung bei der Fachstelle UND kann ich aus meinem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen. Es fordert mich heraus, nach Möglichkeiten zu suchen, wie der gemeinsame Spielraum erweitert werden kann. So arbeite ich zu Hause und im Beruf daran, einer idealen Lösung der partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit immer wieder ein Stück näher zu kommen. Solche idealen Lösungen sind sehr kurzlebig und individuell, also gibt’s immer zu tun.

 

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Portrait Juni 2006